Mittwoch, 25. April 2012

Mittwochs-Rezi: The Monsters of Templeton von Lauren Groff

5 von 5 Eselsohren

Ist es eine Fabel? Ein Historienroman? Ein Briefroman? Ein Detektivroman? "The Monsters of Templeton" ist das alles. Und noch ein bisschen mehr. Auffällig mitreißend ist der Stil der Autorin, die es versteht, die unterschiedlichsten Zeiten und Charaktere zum Leben zu erwecken. Vielleicht liegt es ja in ihren Genen, ist sie doch eine Nachfahrin von James Fennimore Cooper - was für den Roman auch von entscheidender Bedeutung ist!


Die Geschichte von Willie Upton, die sich auf die Suche nach ihrem wahren Vater begiebt, aus dessen Identität die Mutter immer ein Geheimnis machte, gründet in der Familiengeschichte der Autorin selbst.  Immer tiefer gräbt sich die Vatersuchende in die Geschichte ihrer Familie und ihrer Heimatstadt ein. Sie entdeckt Schicksale und Mythen, deren Echos bis in die Gegenwart reichen. Und dann ist da ja noch das tote Monster, dass im Glimmersee treibt...


Seit einst Marmaduke Temple - beobachtet von Chingatchkok und Lederstrumpf - auf dem Hügel vor dem mysteriös im Zwielicht glimmenden See von der Vision der blühenden Stadt heimgesucht wurde, wächst und gedeiht, leidet und liebt hier eine Dynastie und beeinflusst Wohl und Wehe des Städtchens im Umland von New York. Abgerissen, desillusioniert und vor allem schwanger kehrt die letze Nachfahrin des Dukes aus dem Big Apple zurück zu ihrer Mutter - in die Provinz, in die Enge, in die eigene Vergangenheit.

Aus den Archiven der Bibliothek Templetons, aus alten Briefen und Fotoalben dringen die Stimmen der Vorfahren zu Willie vor und damit auch zum Leser. In einem unterhaltsamen Stilmix finden wir uns wieder bei den Pionieren, zwischen den Kriegen, im Wirtschaftswunder, in der Depression. Überall mischten die Templetons mit. Überall verbergen sich Hinweise auf die Beweggründe ihrer Mutter, den Vater zu verschweigen. Wir stehen mit Willie am Scheideweg ihres Lebens und hoffen zusammen auf eine Fingerzeig des Schicksals, auf Botschaften aus der Vergangenheit, die den Weg in ihre eigene Zukunft weisen könnten.

Ein schönes Detail dabei ist eine Ahnentafel, die immer wieder auftaucht und sich mit dem Fortschritt der Recherche immer mehr verzweigt. So fällt es leicht, in den verworrenen Verhältnissen und bei den vielen Namen die Überblick zu behalten. Und auch das merkwürdige Monster ist ein schaurig-schöner Dreh, der dem Buch eine originelle Drift Richtung Fantastik gibt.

Die Autorin Lauren Groff ist eine Nachfahrin James Fenimore Coopers, die in diesem Roman zwischen Fakten und Fiktion des frühen Amerikas ihre eigene Ahnenforschung verwertet. Eigentlich, erklärt sie abschließend im Buch, wollte sie eine einfache Familiengeschichte niederschreiben, doch die Figuren verselbstständigten sich. Aus Coopertown wurde "Templeton" und aus J. F. Cooper "Marmaduke Temple". Zum Glück. Denn anstelle einer Biographie für die Schublade, liefert sie einen zugleich klugen und abgedrehten Ritt durch die Generationen. Mit so viel Herzblut und Talent geschrieben, dass man "The Monsters of Templeton" einfach gern haben muss.

Bei mir vohanden von Random House UK
ISBN 978 0 099 51572 2
auf deutsch als Taschenbuch bei dtv
978 3 423 13986 1

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