Mittwoch, 5. Dezember 2012

Mittwochs-Rezi: Saphirblau von Kerstin Gier

4 von 5 Eselsohren

Weiter geht es mit der Trilogie "Liebe geht durch alle Zeiten", die ich dank der Lieblingsbücherchallenge angefangen hatte. Saphirblau ist kein eigenständiges Buch. Wer eines der drei Bücher lesen möchte, muss mit Band eins anfangen und wen die Geschichte packt, der braucht Band zwei und drei zwingend. - Ganz nach dem Herr-Der-Ringe-Trilogie-Prinzip.

Da ich von Rubinrot angetan war, ließ ich mich eben auch von Saphirblau fesseln. Der zweite Teil fällt in der Qualität zum Glück nicht ab, sondern fächert die Intrigen und die Details weiter auf, lässt den Leser tiefer in Gewndolyns neues Leben eintauchen. Er steckt - wie übrigens schon Band ein - voller Witz, Sarkasmus und cleveren Dialogen. Weiterlesen.





Ich werde jetzt nicht nochmal schreiben, worum es im Allgemeinen geht, dies ist schließlich nur die Fortführung von "Rubinrot" - aber drei Dinge sind mir in Phase 2 der Geschichte besonders aufgefallen und machen für mich viel vom speziellen Charme dieser Trilogie aus.

Kurze Zeitspanne > volle Tage > niedriges Tempo
Die Bücher umfassen eine sehr geringe Zeitspanne - zumindest in der Ausgangs-Zeitebene. Zwischen dem ersten Zeitsprung Gwendolyns und dem Ende von Buch 2 vergehen nur wenige Tage. In dieser Zeit muss die arme Heldin viel lernen und auf eigene Faust (bzw. mit Unterstützung ihrer Freunde) versuchen, hinter die Geheimnisse zu steigen. Anders herum betrachtet nimmt sich die Autorin also relativ viel Zeit für ihr Erzählen.

Ich finde, der Realzeitverlauf wäre auch ein schönes Gestaltungselement für die Kapitel gewesen und vielleicht sogar für die Buchtitel. Sowas wie "Die erste Woche" - "Die zweite Woche" - "Die dritte Woche" (also unausgegoren gesprochen) Das wäre jedenfalls eine einleuchtendere Variante gewesen, als drei von zwölf Steinen (fast) willkürlich zu Buchtiteln zu erheben. Rubinrot machte ja mit der Einführung Gwendolyns noch Sinn aber der Saphir (Lucy) spielt in Band zwei keine größere Rolle, als in Band eins, oder?

Glaubwürdige Verliebtheit
Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt. Wütend auf sich selbst und seine romantischen Reaktionen, wütend auf den anderen und sein undurchsichtiges Verhalten. Was Teenagerliebe so intensiv macht, fängt Kerstin Gier glaubwürdig ein und bringt es nachvollziehbar rüber. Endlich mal ein Buch, in dem man nicht ständig nachhelfen will, weil man alles blickt. Nein, ich ging mit Gwendolyns Verwirrungen vollkommen mit. Und doch gibt es kein klares "Gut gegen Böse" in diesem Handlungsstrang. Gwen und ihr  Zeitsprungkollege Gideon (jaaa, alberner Name. Aber bitte.) stecken wie im schönsten Shakespeare-Drama jeder in seiner Haut und kommen doch nur kurz zueinander. Es knistert, es passt, es macht (dem Leser) wirklich Spaß.

Intelligente Nebencharaktere
Obwohl ich ja beim ersten Buch den Griff in die Klischeekiste bei der Anlage der Figuren bemängelt hatte, sind es zum Glück dennoch keine blutleeren Dummies geworden, die nur die notwendige Kulisse für ein paar wenige Helden liefern. Im Gegenteil. Der logischen Chemie zwischen den Personen wird Rechnung getragen. Sie interagieren alle miteinander. (Bei Potter hat es mich zum Beispiel immer fürchterlich genervt, wenn er nicht mit dem Schulleiter oder Patenonkel redete, obwohl da doch bereits ein Vertrauensverhältnis eingeführt worden war.)

Gwens kluge beste Freundin Leslie leistet großartige Detekitvarbeit - und warum sollte ein Teenager auch sein größtes Geheimnis seiner besten Freundin verschweigen? Das ginge gar nicht. Die Verwandschaft ist liebenswert, lustig und denkt mit - würde ich als Familienmitglied einer so geheimnisumwitterten Sippe auch machen. Und nicht zu vergessen: die Geister, die nur Gwendolyn sehen und hören kann! Ein blasierter Rokkokojüngling und ein unverschämt frecher Wasserspeierdämon sorgen für wirklich witzige Momente.


Fazit
Als das Buch nach rund 7h versunkenen Lesens zu Ende war, hatte ich nicht das Gefühl, tief in ein komplexes Storygebilde abgetaucht zu sein und doch steckt man nun mitten drin. Und gelacht habe ich auch viel. Kerstin Gier schafft es, eine Zeitreise-Verschwörungs-Liebesgeschichte so lockerleicht zu erzählen, als schriebe sie eine Drei-Fragezeichen-Episode. Hut ab.

Ich habe den Eindruck, alle Figuren einschätzen zu können und doch steht fest, dass noch entscheidende Puzzleteile fehlen. "Vertraue niemandem." raunte Gwens Mutter ihrer Tochter in Band eins zu und wir halten uns alle dran. - Auf zu Buch drei!

Erschienen als Hardcover bei Arena
ISBN 9783401063478

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