Mittwoch, 31. Juli 2013

Mittwochs-Rezi: Maia von Eva Ibbotson

oder: Der Tag an dem Miss Minton ihr Korsett in den Amazonas warf

5 von 5 Eselsohren

Die junge Waise Maia war die Tochter zweier Forscher im England der letzten Jahrhundertwende. Doch ihr Vormund macht Verwandte am Amazonas ausfindig und vom sittsamen London geht es ins wilde Brasilien der Kolonialzeit. Für Maia und ihre neue Gouvernante Miss Minton wird es eine Reise ins Ungewisse.



Gleich zu Beginn hat Maia mein Herz erobert: Nachdem das junge Mädchen erfahren hat, dass sie nach ihren Eltern nun auch die vertraute Umgebung verliert, bricht sie nicht etwa zusammen. Nein, sie geht in die Bibliothek der Schule, vertieft sich in Bücher über Brasilien und beginnt, die schönen Dinge zu suchen.

Auch in der dunkelsten Verzweiflung spendet Eva Ibbotson etwas Licht für den Fortgang der Geschichte. Zwischen fiesen Verwandten und mondänem Kolnialleben bestehen Maia und Miss Minton (gepolstert von jeder Menge Optimismus und Mut) ihre Abenteuer. Was für ein rundes, schönes Kinderbuch! 



Obwohl das Thema durchaus einen düsteren Erzählstil mit viel Hilf- und Hoffnungslosigkeit möglich gemacht hätte, hält Eva Ibbotson die Waage zwischen Dramatik und Weichzeichner, zwischen zu großen Problemen und zu einfachen Lösungen. Maia ist sehr jung - daher würde ich das Buch auch als Kinder- und nicht als Jugendbuch bezeichnen. Ein wenig hat sie mich an Abby Lynn von Schröder erinnert.

Doch wo Schröder die kleine Abby hilf- und hoffnungslos via Gefangenenschiff nach Australien verschleppte und sie dort durch eine harte Schule gehen ließ, bevor am Ende alles gut wird, ist Ibbotson gnädiger mit ihren Figuren.

Gefallen hat mir, das von Anfang an mehrere Rätsel und merkwürdige Zusammenhänge zwischen den einzelnen Protagonisten angedeutet werden und sich - zwar etwas vorhersehbar aber durchaus befriedigend - nach und nach auflösen.

Das Schönste an dem Buch fand ich Maias Fähigkeit zu träumen und nach vorn zu blicken. In Miss Minton hat sie eine Art magiefreie Marry Poppins, die immer noch ein Ass im Ärmel und ihren Schützling ins Herz geschlossen hat. Mir gefiel die Bildung der beiden, die in einer Zeit der "Zivilisierung der Wilden" von Humboldt sprechen, Portugiesisch lernen und fremde Lebenswelten erforschen wollen. Und mir gefiel auch der fast karrikierende Kontrast zwischen "Minty" und Maia einerseits und den Kautschukbauern und Geheimdienstlern andererseits.

Ein Buch für werdende Abenteurer ab 10 Jahren, würde ich sagen.

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